Artikelserie: Technische Erfindungen als Wertgegenstand von Unternehmen – Teil 1

Teil 1: Unternehmenserfindungen vs. Einzelerfindungen

Die Masse der Erfindungen in Deutschland kommt heute aus den Unternehmen – nur etwa 10% stammen von Einzelerfindern. In vielen Unternehmen wird planmäßig technische Entwicklung betrieben, wobei die Diensterfindungen von Mitarbeitern dem Arbeitgeber zustehen, wenn sie nicht freigegegben werden. Dagegen können Einzelerfinder frei über ihre Erfindungen sind und sind meist nicht angestellt.

Überschneidungen zwischen Einzelerfindungen und Unternehmenserfindungen kommen beispielsweise vor, wenn Gründer bzw. Inhaber kleinerer und mittlerer Unternehmen ihre Erfindungen nicht über ihr Unternehmen anmelden, sondern auf eigene Kosten als private getätigte Einzelerfindung. Auf diese Weise können die Schutzrechte und unter geeigneten Umständen aus der Insolvenzmasse einer Kapitalgesellschaft herausgehalten werden. Betrachtet man die Inhaber der Erfindungen, die tatsächlich realisiert werden, sind den Unternehmen durch Übertragung der Rechte auf sie sogar noch mehr Erfindungen zuzurechnen. Letztlich ist dies wenig erstaunlich, da hier die die Verwertung stattfindet.

Es gibt Einzelerfinder, denen es gelingt, ihre Schutzrechte selbst zu halten und Lizenzen zu vergeben. Dieses Geschäftsmodell hat jeodch an Attraktivität verloren, da die Unternehmen in der letzten Zeit tendenziell weniger Bereitschaft zur Aufnahme neuer Technololgien zeigen. Wegen erheblich gestiegener Zertifizierungs- und Dokumentationspflichten ist der Status quo heute viel stärker festgeschrieben. Daher wird heute tendenziell nur noch dann innoviert, wenn es die Marktsituation erfordert. Bis zu diesem Zeitpunkt liegt der Fokus bei Unternehmen mit einem hohen Grad an Zertifizierung normalerweise auf dem Erfolg der bestehenden Technologien, die möglichst unverändert bleiben, um die organisatorischen und regulatorischen Folgekosten von Veränderungen gering zu halten, und wichtiger noch, um die Investitionskosten wieder hereinzuholen.

So kann eine an sich gute Erfindung sogar zur Bedrohung für das Bestehende werden – um es mit Voltaires Worten zu sagen: „Das Bessere ist des Guten Feind.“ Dies wiederum kann einem Einzelerfinder die Umsetzung sehr erschweren, selbst die von wirklich guten Einzelerfindungen. Wer heute als Einzelerfinder eine bahnbrechende Erfindung macht, ist nicht selten gezwungen, die Verwertung selbst zu beginnen und ein Startup zu gründen, das bei Erfolg übernommen werden kann. Für eine finanzierte Verwertung ohne den Erfinder fehlen oft geeignete Treiber für das Projekt. Gute Ideen von Einzelerfindern mit geringerer Bedeutung, die oft Detailverbesserungen sind, sickern jedoch nicht selten auch ohne den Erfinder nach und nach in die Praxis.

Trotz der Schwierigkeiten haben Einzelerfinder im Laufe der Geschichte eine Vielzahl von bahnbrechenden Erfindungen gemacht, beispielsweise den Kopierer, die Schiffsschraube, den Wechselstrommotor, die drahtlose Nachrichtenübertragung, das elektrische Blitzlicht, den Kunststoffdübel und vieles mehr. Daraus sind häufig große Unternehmen entstanden, was die Erfinder in einigen Fällen außerordentlich erfolgreich und teilweise berühmt gemacht hat, genannt seien z.B. Artur Fischer mit seinen bekannten Fischerdübeln und fischer technik, Charles Parsons mit der Dampfturbine als Schiffsantrieb, Otto Schott mit Glas für optische Instumente, Carl Zeiss im Mikroskopbau, Henry Ford mit seinen Fließbändern, James Dyson mit beutellosen Staubsaugern und nicht zuletzt James Watt und Thomas Edison.

Dagegen gibt es ein weitaus größere Zahl von Beispielen des Scheiterns von Erfindungen aus sehr verschiedenen Gründen. Manchmal waren die Erfinder schwerkompatible Persönlichkeiten, mit denen man nicht zusammenarbeiten mochte. Oder sie blieben schlicht unberücksichtigt und wurden übergangen, teils sobald sie durch fehlerhafte schutzrechtliche Strategie ihren Schutz verloren, oder teils auch trotz des Schutzes, der aufwendig durchzusetzen ist. Oder wenn die Zeit ihre Nerven und Ressourcen aufzehrte und die Schutzrechte fallengelassen wurden oder ausliefen. So haben sich einige Einzelerfinder über ihre Erfindung persönlich aufgerieben und blieben erfolglos oder wurden erst posthum geehrt, z.B. Joseph Ressel, der Erfinder der Schiffsschraube, oder hatten erst spät im Leben Erfolg, wie z.B. Chester Carlson, der Erfinder des Kopierers. Jedoch hatten und haben es engagierte Erfinder trotz der grundlegend gesicherten Verwertung unter der Obhut eines Unternehmens, auch dem eigenen, nicht immer leicht, wie zum Beispiel die Lebensläufe von Rudolf Diesel, August Horch und Hugo Junkers zeigen.

Unabhängig davon, ob eine Erfindung aus Unternehmen oder von Einzgelerfindern stammt, ist ein technische Schutzrecht auf die Erfindung ein Wertgegenstand für ihren Inhaber. Als wichtigste Wirkung verschaffen sie eine Monopolstellung mit der Möglichkeit, ein lukratives Geschäft zu betreiben. Außerdem können Lizenzen vergeben werden, wodurch sich der Inhaber an den Geschäftserlösen von Dritten beteiligen kann. Nicht zuletzt können sie durch Übertragung gehandelt werden und so Dritten das Geschäft damit überlassen werden.

Bildnachweise: Dank an Gazebo, Anton Croos, Jeb andDinnerbone, Amos777eligius, Dickbauch, Loadmaster (David R. Tribble), Rodrigo Paredes, Vabolis – @Wikimedia; Secretlondon – @Wikipedia

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